In den Sümpfen #002

Wer denkt, dass die bunte Crew den Weg zur Sumpfstadt in Ruhe und Harmonie genießen würde, sollte noch einmal in sich gehen. Denn obwohl sie sich nun immerhin dazu durchgerungen haben, sich vorzustellen, tänzeln sie weiterhin um die Captain-Frage herum wie um eine Grube glühender Kohle. Und für die kommende Aufgabe können sie es sich nicht leisten, weitere Mitglieder zu verlieren.

Die Gruppe arbeitet in Einigkeit auf dem Schiff zusammen – Zumindest so lange, bis ein blinder Passagier in der Schiffskombüse gefunden wird. Gefesselt und geknebelt steht dort ein eigenartiges, humanoides Wesen neben einem brodelnden Topf. Menschlicher Körper, jedoch das lange Gesicht eines Pferdes zusammen mit dessen stattlichen Gesäßes. Augenscheinlich die umgekehrte Version eines Zentauren. Ein Anti-Zentaur. Schnell wird allen bewusst, wer hinter all dem steckt: Willi, der Schiffskoch, präpariert das Mischwesen für die nächste Mahlzeit. Ähnlich wie die Brühe im Topf beginnt eine hitzige Diskussion in der Gruppe überzukochen. Ist das nun mehr Mensch oder Tier? Und ist das dann nur Kannibalismus, wenn man über die menschlichen Teile herfällt? Besonders die Piratin Nandele und die Gestaltwandlerin Sadira haben moralische Einwände und entknebeln den Fremden, um mehr über ihn herauszufinden. Willi treibt es in Weißglut, als die Damen seine Hauptzutat des nächsten Bratens zu einem intelligenten und nicht-essbaren Wesen erklären. Nach einem kurzen Kampf gegen seine Schiffskumpanen gibt sich der zwergische Windling geschlagen. Es wird wohl doch der Tintenfischeintopf.

Der Anti-Zentaur stellte sich als Eklibert vor, welcher, abgesehen von atemberaubenden Fürzen, die Fähigkeit besitzt, seine Kristallkugel zur Zukunft zu befragen. Zumindest mit einer 30-prozentigen Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort der Wahrheit entspricht. Seine erste Vorhersage, dass der Gruppe ein Unheil bevorstehe, stellt sich schon bald als Wahrheit heraus: Ein Dutzend Ratten machte sich ein Festmahl aus den Lebensmittelvorräten. Die Crew macht sich mit Ekliberts Unterstützung sogleich daran, die Rattenplage zu beenden. Nach Schlägen mit Beilen und Krallen, einigen fliegenden Pfeilen und kräftigen Pferdebissen knipsen sie auch dem letzten Nager das Licht aus. Die Vorräte sind jedoch bereits größtenteils kontaminiert, sodass den Abenteurern nur noch Nahrung für wenige Tage blieb.

Ihnen bleibt also nichts Anderes übrig als einen Zwischenstopp an einer kleinen Inselgruppe einzulegen, um sich mit neuen Vorräten einzudecken. Nicht jedem schmeckt dies, da den Einwohnern der Sumpfstadt ohnehin nur 6 Monate bleiben, bis sie ihrem schicksalhaften Ende nicht länger entgehen können. Jedoch kann die bunte Crew niemandem helfen, wenn sie selbst am Hungertuch nagen. Es war also entschieden: Der Umweg war ein Muss. Das Anlegen an der Insel war mit ihrem stattlichen Schiff eine Unmöglichkeit, weshalb sie vorerst ein nördlicheres Ufer ansteuern und den Matrosen die Wacht über das Schiff überlassen. Aufgeteilt in 3 Nussschalen überqueren sie dann das tiefe Blau zu den Inseln.

An ihrem Ziel angekommen finden sie sich in einer Bucht wieder. Die Luft ist heiß und schwer, die brennende Sonne versteckt hinter einigen regenträchtigen Wolken. Vor ihnen ragt eine massive Steinwand in die Höhe, welche an den Seiten von dichtem Dschungel umgeben ist. Nandele und Sadira, die akrobatischsten der Truppe, versuchen sich gleich daran, die Wand zu erklimmen und sich einen Überblick über das unbekannte Gelände zu schaffen.

Zeitgleich stürzen sich Eklibert, der Dunkelelf Rathon und der Rest ins Dickicht, um eigene Erkundungen zu machen. Was die Damen von oben entdecken, bestätigt sich auch für die Abenteurer am Boden: Inmitten der Insel befindet sich eine dichte, rund dreieinhalb Meter hohe Hecke. Ihre Wände und Decke aus Ästen und Blättern bedecken einen großen Teil der Insel und schließen ihn in sich ein. Lediglich zwei schmale, ominöse Eingänge führen in ihr Inneres.

Als die Gruppe wieder vereint vor diesem grünen Konstrukt steht, testen sie sofort die Beschaffenheit. Der furchtlose Koch Willi berührt das Gestrüpp, nur, um seine Hand nicht mehr davon loszukriegen und langsam von dem Grün verschlungen zu werden. Die Gruppe handelt schnell und zieht ihn mit gebündelter Kraft wieder heraus. Mit den Worten: „Ich wurde schon lang nicht mehr so berührt – gleich nochmal!“ stürzt er sich erneut in die Hecke, um ein weiteres Mal gerettet zu werden. Etwas Gutes hat Willis komisches Verlangen nach Körperkontakt. Sie sind sich jetzt sicher, dass sie lieber die Finger von dem Gestrüpp lassen sollen. Schon bald dämmert es den Abenteurern, dass es sich hierbei um ein Labyrinth handelt.

In der Hoffnung, darin Schätze zu finden, stellen sie einen Plan auf, um sich nicht vollends zu verstreuen und verirren. Mithilfe von Stöcken und Seilen würden sie den bereits zurückgelegten Weg markieren, um sich zurechtzufinden. Und der wichtigste Teil des Plans: ZUSAMMENBLEIBEN! Im Gänsemarsch betreten sie den rechten der Eingänge. Und kurz danach gibt es kein Zurück mehr, denn die Hecke schließt sich hinter ihnen. Eklibert übernimmt zwar die Führung, aber Orro, ein Kriegsgeschmiedeter, kümmert sich darum, die Orientierung in seinem eisernen Kopf zu behalten. Er gibt der Gruppe Anweisungen, welche Abbiegung sie als nächstes nehmen müssen und koordiniert den Marsch zurück, wenn es dazu kommt.

So erreichen sie schnell das Zentrum des Labyrinths und staunen, als sie dort eine Lichtung entdecken. Der Ort, an dem sich das Wurzelwerk vereint und das gesamte Labyrinth verbindet. Es stellt sich heraus, dass es sich hierbei um einen Treanten, ein Baumwesen, handelt, dessen faustgroßes, hölzernes Herz auf Kopfhöhe an Wurzeln hängt. Statt des gesunden Grün pulsierte dieses jedoch in einem dunklen Lila, welches durch jeden einzelnen der Äste zuckte. Der Treant ist von einer Krankheit oder einem dunklen Zauber befallen worden.

Und er scheint kein Freund von den Eindringlingen zu sein, welche versuchen, dass erkrankte Herz von den verbindenden Wurzeln zu trennen. In Sekunden Schnelle greifen mit Dornen besetzte Ranken nach den Abenteurern und umschlingen diese. Es bricht ein Kampf gegen die Ranken aus, während ein Teil der Gruppe sich auch das Zentrum des Problems fokussiert: Der Ork Jerzukk beginnt, mit seinem Beil auf die Wurzeln einzuschlagen, die das Herz mit dem Labyrinth vereint. Nach wenig Hieben des Beils und erzürnten Schlägen der Ranken gelingt es dem Ork und das befallene Herz fällt zu Boden. Das lila Pulsieren lüftet sich und ihr blättriges Gefängnis löst sich auf. Zurück bleibt lediglich das Herz des Wesens, welches noch klopfend auf dem Boden verharrt. Rathon geht gutwillig darauf zu und hebt es auf, was einen interessanten Effekt mit sich zieht. Dornige Ranken graben sich in seine Haut, während diese einen dunklen Teint bekommt und nunmehr an die Rinde eines Baumes erinnert. Das Herz geht eine Symbiose mit ihm ein. Ob diese Verbindung des Dunkelelfen ein Fluch oder Segen ist, wird sich wohl noch in kommender Zeit herausstellen.