Wir schreiben den 9. Juli, als unsere Abenteurer die Mauleselsküste erreichen. Ähnlich wie auf dem Landstreifen, welchen sie auf ihrem Weg überquert haben, begrüßt sie die Handelsstadt mit heiß-trockener Luft. Man kann nur schemenhaft die Karawanen erkennen, welche auf sandigen Wegen Ware in die Stadt und aus hier heraus transportieren. Räder, Hufe und Füße wirbelten den feinen Sandstaub auf und hüllten die Händler in einen beigen Rauchschleier. Das trockene Klima hält jedoch niemanden davon ab, in die bekannte Handelsstadt zu reisen. Unzählige Kleinhandelsstände tummeln sich um die Grenzen der Stadt und nehmen vielen Käufern ihr Gelb ab, bevor sie überhaupt einen Fuß in Mauleselsküste setzen können.

Ähnlich geht es unserer Crew, welche sich auf die Händler stürzen und erneut um Waffen und Nahrung handeln. Die Gruppe hat sich um einen Helden erweitert, denn auf ihrem Weg zur Mauleselsküste stießen sie auf den Halbelfen Daud, einen Zauberer mit Erfahrung in der Seefahrt. Seine Magie hat er von einem Kult erhalten, welchem er mittlerweile entflohen ist, jedoch will er sich von diesem Gott entledigen und rechnet deshalb damit, dass er seine Kräfte nicht mehr allzu lange genießen könnte. Demnach erkundigt er sich bei jedem, der nicht bei drei auf einem Baum ist, welchen Gott sie anbeten. Während er erfolglos mit etlichen Leuten spricht, begeben sich Nandele und Sadira zum Waffenschmied, um ihre Waffen aufbessern zu lassen. Die junge Piratin hat diesmal Erfolg und schafft es, sich für einen fairen Preis eine Sonderanfertigung von Kampfkrallen für ihr Huhn schmieden zu lassen. So ist ihr gefiederter Gefährte nun mit Lederrüstung und Eisenkrallen bestens für den Kampf gegen Bösewichte gewappnet. Am Marktplatz beobachten Statera und Daud etwas Sonderbares: zwei verhüllte Gestalten sind innig in einem geflüsterten Gespräch vertieft. Aus dem Mantel des einen taucht für einen Augenblick ein glitzernder Gegenstand auf, welcher sogleich in dem des anderen verschwindet. Dann trennen sich die Wege der Herren und Daud schlendert dem, der den Gegenstand entgegengenommen hatte, unauffällig hinterher. Statera, unser steinharter Kumpane, will es ihm gleichtun, jedoch wird er von Daud weggeschickt. Das Rollen seiner rauen Oberfläche über den Marktplatz sorgt für zu viel Lärm. Betrübt bewegt er sich zurück zum Marktplatz, doch sein Unmut hält nicht lange. Denn als er die Dorfbewohner und Händler beim Tratschen belauscht, kommt ihm ein Einfall. Eine Kleintier-Kampfarena! Die perfekte Möglichkeit, sich in in diesem tierfreundlichen Ort ein Nebeneinkommen zu verdienen. Sofort macht er sich ans Werk und beginnt, in der Nähe des Marktplatzes mit Stöcken, Seilen und Planen eine Arena aufzubauen. Ohne mehr Zeit zu verschwenden, macht er Werbung für das Spektakel und findet bereits einen Interessenten, welcher sein Kaninchen gerne kämpfen lassen würde.

In der Zeit verfolgte unser nun unsichtbarer Halbelf den verhüllten Mann bis zu einen Karavanenwagen und beobachtet, wie dieser in diversen Schubladen kramt. Nun kribbelt die Neugier Dauds so kraftvoll in seinen Fingern, dass er in dort selbst nach wertvollen Gegenständen sucht, nachdem der Mann verschwunden war. Münzen, Ringe, Geschirr – Er schreckte zurück, als er die letzte Schublade aufzieht und ihm blitzschnell etwas entgegenspringt. Ein kleines Wesen verschwindet unter der Kommode, so schnell, dass Daud nicht erkennen kann, um was es sich handelt. Er bückt sich und scannte den Schatten der Kommode mit seinen Augen, als ihm zwei leuchtende Augen entgegenstarren. Das Wesen ist in etwas faustgroß und bedeckt von einem bronzefarbenen Schuppenkleid. Zwei kleine Flügel ragen aus seinem Rücken heraus.

Daud streckt zögerlich seine Hand nach dem kleinen Drachen aus, bereut dies jedoch sofort. Der Kleine spuckt ihm einen tennisball-großen Feuerball entgegen und flüchtet dann aus der Karavane. Fluchend betrachtet er kurz seine verbrannte Hand, ehe ihm dämmert, dass der freilaufende Drache ein viel größeres Problem darstellt. Stolpernd folgt er dem kleinen Wesen aus dem Wagen und stockt kurz, als er das Chaos sieht, dass es angerichtet hat: Mehrere Wagen brannten lichterloh und das Feuer verbreitete sich schnell in der trockenen Umgebung. So wird aus dem heimlichen Handeln schnell ein aufsehenerregendes Spektakel, dass die Aufmerksamkeit aller auf sich zog. „Das sind Hexer! Die haben einen kleinen Drachen -Magie!“, brüllen mehrere Stimmen, während sich ein entsetztes Raunen durch die Menschenmenge zieht. Auch Statera, Nandele und Sadira stoßen hinzu und handeln schnell. „Das ist der erste Akt unseres einzigartigen Theaterspecials! Haben sie keine Sorge, es handelt sich hier bloß um Spezialeffekte.“, beruhigt er die Meute, während Daud das Feuer mit Wasser aus einem Brunnen löscht. Danach verweist er sie darauf, dass der nächste Akt am anderen Ende der Stadt stattfände, worauf die gespannten Zuschauer sich in diese Richtung bewegen. Weit weit weg von dem Drachen. Nandele und Sadira sorgen derweil dafür, den Drachen von wegzulocken, indem sie ihn mit Würmern und gepökeltem Fleisch füttern. Nicht nur schaulistige Menschen bemerken das Chaos – sondern auch der Besitzer des Drachen. Er stellt sich in den Weg der beiden Damen und der Kleine steckt ängstlich seinen Schwanz zwischen die Hinterbeine. Mit erhobenen Händen und zu ihnen gerichteten Handflächen, macht er einen Schritt auf sie zu.

„Ich habe nicht vor, euch anzugreifen. Ich sehe, ihr habt meinen Drachen in eurem Besitz. Wenn ihr ihn mir zurückgebt, passiert euch nichts und ich rufe die Wachen nicht.“, versucht er, sie zu überreden bleibt dabei ruhig. Er macht einen weiteren Schritt auf die beiden zu, woraufhin Nandele alarmiert ihren Säbel zieht. Der Fremde zückt ebenfalls ein Messer und Sadira, mittlerweile kampfbereit, richtet ihre Armbrust auf ihn. Plötzlich stürmt er nach vorne und greift mit dem Messer an. Er nutzt die Zeit, die die Damen zum Ausweichen benötigten, dazu, sich den Drachen zu schnappen und ihn in einen Beutel an seinem Gürtel zu stecken. Der Drache quickst erschrocken und kämpft dagegen an, jedoch war ihm sein Besitzer überlegen. Die Piratin hat genug davon und kann nicht mitansehen, wie er das verängstigte Tier in seinen Beutel stopft. Erbost stürmt sie auf ihn zu und stürzt ihn zu Boden, pinnt seine Arme dabei auf den sandigen Untergrund. Die Gestaltwandlerin nutzt die Chance und schneidet mit Nandeles Säbel den Beutel vom Gürtel des Fremden. Ihr gefiederter Kumpane bewertet die Situation als bedrohlich und lässt einen Kampfschrei los, ehe er sich ebenfalls auf den Mann stürzt und ihm das Gesicht zerkratzt. Da sein Geschrei sicher bis in die Stadtmitte gehört werden kann, muss dem Ganzen schnell ein Ende gesetzt werden.

Ohne zu zögern, schnappt sie sich Statera, hievt ihn über ihren Kopf und – die blutigen Details müsst ihr nicht wissen. Aber sagen wir es so: Sie müssen danach die Beweise vergraben, um sich nicht unbeliebt in der Stadt zu machen. In dem Moment, als sie die letzte Schaufel Sand auf das Grab gemacht hatten und sich vom Tatort entfernen, hören sie aus nicht zu weiter Ferne jemanden rufen: „Hier ist gar nichts! Die haben uns reingelegt.“. Und es dauert nicht lange, bis ihnen die Meute wieder entgegenkommt. Statera weiß erneut, wie er die Situation bewältigen kann. „Meine werten Damen und Herren. Ich muss bei Ihnen entschuldigen, ich habe den falschen Standort angegeben. Wenn Sie an den rechten Rand des Marktplatzes schauen, entdecken sie das richtige Spektakel. Wir stellen Ihnen mit Stolz unsere neueste Attraktion vor: tierisch kleines Scharmützel.“. Sofort meldet sich der Mann von zuvor und setzt sein Kaninchen in die improvisierte Arena, während Statera und Daud Wetten entgegennehmen. Widerwillig setzt Nandele ihren Kampfgockel dazu und der epische Kampf beginnt. Pfoten und Krallen holen zu Hieben aus. Für einen Moment hat das agile Kaninchen einen Vorteil, doch bei einem vermasselten Sprungmanöver wirft es sich selbst zu Boden und das Huhn lässt keine Sekunde verstreichen. Es überwältigt das Nagetier. Schweratmend liegt das pelzige Tier am Boden und das Huhn versetzt ihm den Gnadenstoß. Sadira beschwert sich und trauert um das Tier, doch Statera hatte eine Idee. Sie sammelten hastig das Geld der Wetten ein und verscheuchen die Meute dann, ehe er seine magischen Kräfte nutzt, um das Kaninchen wiederzubeleben.

Nun sind alle zufrieden und sie teilen das Geld untereinander auf. Was für ein abstruser, spannender erster Tag an der Mauleselsküste. Was morgen wohl geschehen würde?